KRITIKEN: HANS IM GLÜCK

Gold ist keine Lösung
UNTERHALTSAM: „HANS IM GLÜCK“ BEIM THEATER ROOTSLÖFFEL

Das Grimmsche Märchen „Hans im Glück“ hat 200 Jahre auf dem Buckel, ist aber eigentlich brandaktuell.

Thomas Herr hat die Geschichte für Kinder ab vier Jahren und Erwachsene für die Bühne im Theater Rootslöffel aufbereitet. Mit wenig Mitteln, aber umso mehr Humor. Wäre Hans im Glück ein Autor von Ratgeber-Literatur, er könnte heutzutage mal eben ganz locker einen Bestseller landen. „Entschlacke dein Leben!“, „Weniger ist mehr!“, „Gold allein ist auch keine Lösung“ oder so ähnlich könnte das Buch heißen. Jedenfalls ist diese Interpretation des Grimmschen Märchens, das 1818 erstmals veröffentlicht wurde, für den gehetzten Konsumsklaven von heute am naheliegendsten. Auf der Bühne stehen Thomas Herr und Frizz Lechner, die einerseits als Erzähler fungieren und sich andererseits die Rolle des Hans (und aller anderen) teilen. Der einfältige junge Mann arbeitet sieben Jahre bei einem Schreiner und erhält dafür einen Klumpen Gold.

Ein feiner Deal, eigentlich. Aber weil unser Hänschen nicht die hellste Kerze am Kronleuchter ist, lässt er sich von allerlei Zeitgenossen bequatschen und tauscht seinen Schatz erst gegen ein Pferd, das Pferd dann gegen eine Kuh und so weiter bis er am Ende mehr oder weniger stolzer Besitzer eines formschönen, aber reichlich überflüssigen Schleifsteins ist. Der ihm dann allerdings — juheißa – in einen Brunnen fällt. Hans ist von allem Ballast befreit und kehrt heim zu seiner Mutter, die natürlich auch froh ist, dass der Bursche endlich wieder da ist.
Die Inszenierung, die nur mit Gestik, Mimik, Staffelei, Papier und Stift auskommt, setzt auf die Kraft der Fantasie und zeigt schelmisch auf, dass Reichtum nichts mit Zufriedenheit zu tun hat und Freunde im Leben sehr viel mehr wert sind als der schnöde Mammon.
Das passiert ohne Moralkeule, dafür aber mit Gags sowohl für Kinder als auch für Erwachsene — letztere werden in den 45 Minuten nämlich auch wunderbar unterhalten.

Die Botschaft ist ohnehin eine, die wir Großen wahrscheinlich viel nötiger haben.

31.1.2017 Nürnberger Nachrichten SUSANNE HELMER